NEWSLETTER JÄNNER 2018
Liebe Freunde der Kirchenmusik!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich hoffe, Sie hatten eine schöne Weihnachtszeit! Vielleicht haben Sie die Jesuitenkirche besucht und Gottesdienst mit uns gefeiert. Im Jänner gibt es noch weitere vier Messen mit der Chorvereinigung St. Augustin, wozu ich Sie herzlich einladen möchte.
Am Dreikönigstag singen wir die „Krönungsmesse“ von Mozart, wobei Gäste aus Japan mitwirken werden. Am Sonntag, dem 7.1., präsentieren wir eine typische Weihnachtsmesse, die Pastoralmesse in F von Anton Diabelli. Der Komponist aus dem Salzburger Land ist allen Klavierschülern durch seine Sonaten bekannt, Musikfreunden auch als Namensgeber von Beethovens „Diabelli-Variationen“. Er hat aber auch fünf Messen komponiert. Seine Pastoralmesse ist „am Land“ sehr beliebt, in Tirol beispielsweise gehört sie für viele Kirchenchöre alljährlich zum fixen Bestandteil liebgewordener musikalischer Weihnachtstradition. In Wien, der Stadt, wo Diabelli 55 Jahre bis zu seinem Tod gelebt und gewirkt hat, ist sie jedoch sehr selten zu hören. Die Chorvereinigung zählt die fünfte Aufführung seit der Premiere 2012. Es folgen im Jänner noch zwei Messen von Joseph Haydn: die „Nikolaimesse“ und die „Nelsonmesse“.
Zwar ist es derzeit in der Jesuitenkirche ein bisschen kühl, aber warm angezogen ist eine Stunde sicher auszuhalten. Und bedenken Sie, was unsere Instrumentalisten bei dieser Kälte leisten müssen! Trotzdem sind alle mit Freude bei der Sache, um Ihnen schöne Erlebnisse bereiten zu können.
Hartwig Frankl, Obmann
Samstag, 6. Jänner 2018, Dreikönigstag:
W. A. Mozart – „Krönungsmesse“, Missa Solemnis in C-Dur KV 317
Der Name Krönungsmesse stammt nicht von Wolfgang Amadeus Mozart (*1756 Salzburg, +1791 Wien), sondern taucht erst 1873 erstmals auf. Köchel schreibt [8., unveränderte Auflage, 1983]: „Eine der bekanntesten Messen Mozarts. Sie wird Krönungsmesse genannt, angeblich weil Mozart sie dem 1751 gekrönten Gnadenbild der Gottesmutter Maria um Plain gelobt oder für den 5. Sonntag nach Pfingsten (20. Juni 1779), an dem die Andacht zur Erinnerung an jene Krönung stattfand, geschrieben haben soll.“
Diese Annahme, begründet durch den Archivar des Mozarteums Johann Evangelist Engel, ist jedoch falsch. Engel, von einer Aufführung der Krönungsmesse inspiriert, veröffentlichte am 30. März 1907 diese falsche Behauptung im Salzburger Volksblatt. Sie hielt sich bemerkenswerterweise bis heute, wie das mit Legenden oftmals so ist. Selbst der kritische Mozartforscher Alfred Einstein zweifelte seinerzeit nicht am Wahrheitsgehalt der Legende um die Namensgebung.
Nun denn, die Messe wurde nicht anlässlich einer Krönung komponiert, sondern zu den Feierlichkeiten des Osterhochamtes zu Salzburg, welche am 4. April 1779 stattfanden. Mozart war gerade wieder mürrisch in den Dienst des Erzbischofs getreten – und zwar mit der Auflage, […] dass er den Hof, und die Kirche nach Möglichkeit mit neuen von Ihme verfertigten Kompositionen bedienne […]. Er „bediente“ und komponierte zu diesem Zweck die Messe in C, KV 317, welche er am 23. März 1779 vollendete, und ein Jahr später, im März 1780 die Missa in C, KV 337. Sicher ist, dass KV 317 im August 1792 zu den Krönungsfeierlichkeiten Franz I. aufgeführt wurde. Im Bestand der Wiener Hofmusikkapelle findet sich eine Stimmenabschrift von KV 317, welche die Aufschrift: „Messe in C / Zur Krönungsfeyer Sr. M. /Franz I. zum Kaiser von Oesterreich“ trägt. Vermutet wird ferner, dass die Messe auch bereits zur Krönung Franz’ Vorgänger, nämlich Leopold II. in Prag aufgeführt wurde. Der Name Krönungsmesse ist daher in jedem Falle auf eine der beiden genannten Krönungen zurückzuführen. Das hübsche Sopran-Solo „Kyrie eleison“ resp. die Wiederholung des Themas im „Dona nobis pacem“ [ebenfalls Sopran solo] verwendet Mozart in der Arie der Contessa „Dove sono i bei momenti“ in seiner Oper Le Nozze di Figaro wieder.
Solisten: Cornelia Horak (Sopran), Martina Steffl (Alt), Kirlianit Cortes (Tenor) (Anm.5. Januar: statt Gustavo Quaresma) und Yasunori Okumura (Bass).
Zum Offertorium singt der Chor “Ich steh an deiner Krippen hier” von J.S. Bach.
Sonntag, 7. Jänner 2018: Anton Diabelli – „Pastoralmesse in F-Dur“
Anton Diabelli wurde am 5. September 1781 in Mattsee bei Salzburg geboren; er war Chorknabe zu Salzburg, trat 1800 in das Benediktinerstift Raitenhaslach ein, doch wurde sein Vorhaben, Geistlicher zu werden, durch die Aufhebung der Klöster in Bayern durch König Max Josef 1803 vereitelt. Er begab sich nach Wien, wo er mit Cappi den bekannten Verlag gründete, den er später selbständig führte. Als solcher trat er in enge Beziehung mit den musikalischen Größen seiner Zeit, darunter Beethoven und Schubert. Er starb am 7. April 1858 und fand sein Grab am St. Marxer Friedhof in der Nähe von Mozart.
Kunstgeschichtlich gehört Diabelli in die Gruppe der „Biedermeier“, deren Hauptrepräsentanten Schubert, J.N. Hummel und J. Weigl sind. Seine klavierpädagogischen Werke werden bis heute neu aufgelegt und sehr geschätzt.
Nach seinem Lebensgang ist es nicht zu verwundern, dass er für Kirchenmusik große Neigung hatte. Insbesondere verdankt das reichhaltige Kirchenmusikarchiv von St. Peter zu Salzburg ihm seinen reichen Bestand an Handschriften.
Diabellis Kirchenwerke erfreuten sich stets ob ihrer Volkstümlichkeit großer Beliebtheit. Was die Pastoralmesse in F-Dur betrifft, ist sie 1830 in der kurzen Zeit vom 1. bis 25. November niedergeschrieben.
Nach Diabellis Bildungsgang ist es auch begreiflich, dass die Vertonung des liturgischen Textes sehr sorgfältig ist. Meisterhaft verwendet er im Credo den Choral. Gewissermaßen den Höhepunkt bildet aber doch das ebenso tief empfundene wie volkstümliche Agnus Dei. Durch das ganze Werk weht Weihnachtsstimmung mit ausgesprochen volkstümlich-bodenständigem Einschlag. Wie dem auch sei, gewiss ist, dass Diabellis Schaffen durch sehr ausgeprägte Eigenart gekennzeichnet ist.
Diese Pastoralmesse wird alljährlich zur Weihnachtszeit in der St.Peterskirche zum Gedenken an Anton Diabelli aufgeführt.
(Vorwort des Herausgebers, Alfred Schnerich, in der Partitur, Verlag Anton Böhm & Sohn)
Als Solisten hören Sie Cornelia Horak (Sopran), Annely Peebo (Alt), Gernot Heinrich (Tenor) und Yasushi Hirano (Bass).
Zum Offertorium singt der Chor den Choral „Jesus bleibet meine Freude“ von J.S. Bach aus der Kirchenkantate „Herz und Mund und Tat und Leben“ BWV 147. Die Kantate ist in ihrer heute bekannten Form für den 2. Juli 1723, das Fest Mariä Heimsuchung, komponiert worden. Der Schlusschoral des zweiten Teils, „Jesus bleibet meine Freude“, wird durch eine triolische Streichermelodie umrahmt und gehört zu den international beliebtesten Kompositionen Bachs, nicht zuletzt durch zahlreiche Bearbeitungen und Aufführungen im 20. Jahrhundert.
Jesus bleibet meine Freude,
Meines Herzens Trost und Saft,
Jesus wehret allem Leide,
Er ist meines Lebens Kraft,
Meiner Augen Lust und Sonne,
Meiner Seele Schatz und Wonne;
Darum lass ich Jesum nicht
Aus dem Herzen und Gesicht.
Sonntag, 14. Jänner 2018: Joseph Haydn – „Nikolaimesse“ Hob. XXII:6
In der Chronologie der Messen Joseph Haydns nimmt die „Missa Sancti Nicolai“ den sechsten Platz ein. Die erste Seite der autographen Partitur trägt folgenden Vermerk von Haydns Hand: „Missa di Sancti Nicolai. In Nomine Domini, di me Giuseppe Haydn 772“. Auch die Besetzung (2 Oboen, 2 Hörner, 2 Violinen, Bass, Orgel und 4 Chorstimmen) ist handschriftlich angegeben.
Der Anlass für die Komposition dürfte das Namensfest des Fürsten Esterhazy (6. Dezember) gewesen sein. Die Messe ist also bald nach der Symphonie Nr. 45 in fis-Moll, der „Abschiedssymphonie“, entstanden. Verglichen mit den vor 1772 komponierten Messen fällt auf, dass die Kontrapunktik – wir finden keine einzige Fuge – zugunsten liedmäßigen Gestaltens zurücktreten musste. Von der Taktart des Kyriesatzes (6/4) erhielt die Messe ihren Beinamen „Sechsviertelmesse“. Der pastorale Charakter des Satzes, der im „Dona nobis“ wiederholt wird, ist nicht zu überhören. Es gibt wenige Einzelsoli, doch sind dem Soloquartett viele sehr schöne Aufgaben zugewiesen. Auffallend ist die enge Verwandtschaft in melodischer, rhythmischer und tonartlicher Hinsicht des „Pleni sunt coeli“ aus dem Sanctus mit dem der Nelsonmesse (1798). Interessant ist die Vertonung des Gloriatextes in nur zwei Sätzen – Vivace (Gloria in excelsis) und Allegro (Quoniam tu solus sanctus) – eine Form, die Haydn in keiner anderen Messe mehr verwendet. Das wörtliche Zurückgreifen auf das Tonmaterial des Kyrie beim „Dona nobis“ entspricht durchaus den Gepflogenheiten der Zeit und trägt in der „Missa Sancti Nicolai“ zum schon genannten pastoralen Charakter des Werkes sehr wesentlich bei.
Friedrich Wolf + (aus dem Booklet zur CD, 1982)
Unsere Solisten sind Cornelia Horak (Sopran), Annely Peebo (Alt), Daniel Johannsen (Tenor) und Markus Volpert (Bass).
Zum Offertorium singt der Chor die 1. Strophe aus dem „Danklied zu Gott“ von Joseph Haydn, Text von Christian Fürchtegott Gellert (1715-1769).
Du bist‘s, dem Ruhm und Ehre gebühret;
Und Ruhm und Ehre bring ich dir.
Du, Herr, hast stets mein Schicksal regieret,
Und deine Hand war über mir.
Sonntag, 21. Jänner 2018: Joseph Haydn – „Nelsonmesse“ Hob.XXII:11
Es gibt mehrere Beispiele dafür, dass Haydn Bläserstimmen zu eigenen Kirchenmusikwerken nachkomponieren hat lassen. Das konnte liturgische Gründe haben oder aufführungspraktische, wenn zur Zeit der Uraufführung am Ort bestimmte Blasinstrumente nicht zu besetzen waren. So hat Haydn z.B. für seine Paukenmesse einen Part für zwei Klarinetten ergänzend nachkomponiert. Seine sogenannte Nelsonmesse (Hob. XXII:11) wurde von Haydn nur für Streicher, 3 Trompeten, Pauken und konzertierende Orgel komponiert, weil in der esterházyschen Kapelle zur Zeit der Uraufführung im September 1798 keine Holzbläser zur Verfügung waren. Als eine Besetzung mit Holzbläsern wieder verfügbar war, hat Haydns Vizekapellmeister am esterházyschen Hof Johann Nepomuk Fuchs den konzertierenden Orgelpart für Holzbläser gesetzt und weitere Aufgaben für sie frei ergänzt. In dieser Form ist die Messe unter Haydns Namen und ohne Erwähnung von Fuchs im Druck erschienen.
Dem Komponisten in der Kirchenmusik waren wie in keiner anderen musikalischen Gattung Vorschriften von Liturgie, Tradition, Aufführungspraxis etc. vorgegeben. Doch es darf nicht der Eindruck entstehen, dass sich Haydn als Kirchenmusikkomponist überhaupt nur Zwängen zu beugen hatte, ganz im Gegenteil. In erster Linie ist dies geradezu in verblüffender Weise dort der Fall, wo Haydn bei rein äußerlicher Betrachtung diesen Vorschriften oder der Erwartungshaltung zu folgen scheint. Freilich gibt es in Haydns Kirchenmusik auch Beispiele dafür, dass er in seinen persönlichen Vorstellungen sehr weit gehen konnte – so weit, dass er mit Konventionen und Traditionen brach.
Ein Beispiel dafür kann das Benedictus der Nelsonmesse sein. Das Benedictus ist üblicherweise ein Satz mit lieblichem, pastoralem oder ganz allgemein grazioso Charakter, weil man ihn mit der Vorstellung verband, dass Gott kurz davor in der Wandlung auf dem Altar gegenwärtig geworden ist – so wie Jesus als Kind zur Erde gekommen ist. So wie damals die Hirten das Kind im Stall zu Bethlehem angebetet haben, so beten nun die Gläubigen, die sich zur Messe versammelt haben, den Herrn auf dem Altar an. Ganz anders Haydn in dieser Messe: Hier hat das Benedictus imperialen Charakter, für den statt der in der Kirchenmusik üblichen zwei Trompeten drei Trompeten sorgen, ganz abgesehen von der thematischen Erfindung und der grundsätzlichen Konzeption des Satzes. Hier wird nicht ein Kind angebetet, sondern der Weltenherrscher verherrlicht. Die Zeitgenossen waren erstaunt, die Nachwelt war verwirrt von diesem Satz. Man suchte eine Erklärung für den ungewöhnlichen Charakter dieses Benedictus und fand sie in einer Legende: Haydn soll bei der Komposition dieses Satzes an den in vielen Seeschlachten erfolgreichen Admiral Lord Nelson gedacht und ihm sozusagen zugerufen haben „Hochgelobt sei, der da kommt“. Nun, Nelson hat Haydn tatsächlich einmal in Eisenstadt besucht, aber diese Messe hat weder mit Lord Nelson im Allgemeinen, noch etwas mit dessen Besuch bei Haydn zu tun.
(Aus: Otto Biba „Die Kirchenmusik von Joseph Haydn“)
Als Solisten wirken mit: Cornelia Horak (Sopran), Katrin Auzinger (Alt), Gernot Heinrich (Tenor) und Markus Volpert (Bass).
Zum Offertorium singt der Chor die Motette „Lobet den Herren“ von Michael Praetorius (1571-1621).