Liebe Freundinnen und Freunde der Kirchenmusik!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Die Weihnachtszeit ist nun schon zum zweiten Mal ganz anders als sonst. Wir halten Abstand und schaffen Räume zwischen einander – und das ist keineswegs nur räumlich zu verstehen. Einige Dinge aber sind wie gewohnt:
Im ersten Newsletter des Neuen Jahres lesen Sie einiges Informatives über die Messen im Jänner, von denen wir hoffen, dass wir sie trotz schlimmster Befürchtungen über eine 5. Pandemie-Welle werden singen können. Omikron könnte uns sehr schnell „um die Ohren fliegen“, und selbst wenn wir mangels neuer verschärfter Maßnahmen weiterhin singen dürften, könnten Quarantänebestimmungen und Sicherheitsbedenken die notwendige personelle Besetzung von Chor oder Orchester sabotieren.
Höhepunkt der Messen im Jännerprogramm – so es denn realisiert werden kann – ist sicherlich eine der „großen 6“ von Joseph Haydn, die Theresienmesse am 16. Eine Herausforderung angesichts unsicherer Besetzungsmöglichkeit, wie ich bereits im letzten Newsletter ausgeführt habe; und das auch ohne weitere Verschlechterung der pandemischen Situation.
Die Krönungsmesse zum Hochfest der Erscheinung des Herrn, Epiphanie (vulgo „Dreikönigstag“), wird wie auch schon die Spatzenmesse am Christtag der für den urlaubenden Andreas Pixner einspringende Thomas Böttcher dirigieren. Wir freuen uns, mit ihm zu arbeiten. Er ist Kapellmeister von Beruf und – nicht nur auf Grund seiner langjährigen Tätigkeit in St. Augustin – ein „alter Hase“ der Kirchenmusik. Mozarts Große Credomesse am 9., die bereits erwähnte Theresienmesse und die Messe in D von Otto Nicolai am 30. werden dann wieder von Andreas Pixner geleitet.
Unser Kirchenmusikprogramm und auch die Solistenbesetzung tragen jetzt immer die Untertitelung „Änderungen vorbehalten“ und wurde auch nicht wie früher für das ganze Sommersemester erstellt, sondern nur bis Ostern. Dann muss die Lage neu bewertet werden. Ob die bis 2019 im Mai und Juni üblichen „großen“ Messen von Schubert oder Bruckner, die ja auch unser Markenzeichen sind, dann wieder möglich sein werden, kann jetzt noch niemand sagen. Wir bleiben diesbezüglich nach wie vor „in angustiis“ und beim Prinzip Hoffnung.
Stark überschattet wird dieser Ausblick weiters von einem Ereignis, das uns in anderer Hinsicht schwer getroffen hat. P. Friedrich Sperringer ist im Alter von 77 Jahren am Stefanitag unerwartet an den Folgen einer bereits überstandenen CoViD-19 verstorben. Er war langjähriger Kirchenrektor, zuletzt in Linz tätig, war der Chorvereinigung immer in einem sehr herzlichen, freundschaftlichen Verhältnis zugetan und blieb ihr auch nach seiner Zeit in der Jesuitenkirche verbunden.
Anfang Dezember schrieb er uns noch, dass es ihm gesundheitlich nicht gut gehe, er sei aber optimistisch. Er sei, schrieb er weiter „…emotional zutiefst bewegt, als ich von eurer Aufführung der ‚Missa in angustiis’ von Haydn gehört habe. Es ist neben der Schubert Es-Dur meine Lieblingsmesse. Wie geht mir sakrale Live Klassik in Vollform ab!“
Die Jesuitengemeinschaft und wir verabschieden uns von P. Fritz Sperringer am 12. Jänner um 13 Uhr mit einem – durch die Chorvereinigung mitgestalteten – Requiem in der Konzilsgedächtniskirche Lainz. Das Begräbnis findet gleich danach, um 15 Uhr, auf dem Lainzer Friedhof statt. Es wäre schön, wenn auch möglichst viele, die ihn aus seiner Zeit als Kirchenrektor kannten, an der Verabschiedung teilnehmen könnten.
Martin Filzmaier, Obmann
Donnerstag, 6. Jänner 2022, Dreikönigstag
W.A. MOZART: Missa solemnis in C-Dur – „Krönungsmesse“ KV 317 (1779)
Interessant ist der akademische Streit um die Bezeichnung „Krönungsmesse“. Heinz Gärtner schreibt 1997 im unten zitierten Buch dazu:
Mozarts „Krönungsmesse“ ist untrennbar verbunden mit der Wallfahrtskirche Maria Plain, zu der die Mozarts pilgerten: „Maria Trost am Plain“, idyllisch auf einer Anhöhe vor den Toren Salzburgs gelegen. Auch wenn die Bezeichnung nicht von ihm selber stammt – welches Werk hat er schon selbst betitelt! -, spricht doch vieles dafür, dass Mozart sie 1779 aus Anlass der alljährlichen Krönungsfeierlichkeiten des Gnadenbildes in Maria Plain komponiert hat. Die Messe trägt, von Mozart eigenhändig am Rand vermerkt, das Entstehungsdatum „23. März 1779“.
Mozart war nach seiner Rückkehr aus Paris am 17. Jänner 1779 wieder als Hoforganist und Lehrer im Dom und bei Hof in den Dienst des Erzbischofs getreten. Der Erzbischof war huldvoll geneigt, dem seinerzeit aus dem Dienst Davongelaufenen zu verzeihen und ihm sogar mit einem Jahresgehalt von 450 Gulden mehr als das Dreifache dessen zu bezahlen, was er als Konzertmeister verdient hatte. Da lag es auf der Hand, dass sich Mozart für so viel Großzügigkeit bedanken wollte, und wie hätte er es besser tun können, als mit einer wirklich großen Messe, in deren Verlauf er auch als Organist glänzen konnte, hatte er doch zur Vervollständigung die Epistelsonate KV 329 mit konzertierender Orgel hinzugefügt.
Natürlich man sich für die Aufführung auch die Osterfeiertage denken, aber woher käme dann der Beiname „Krönungsmesse“? Da es als Tatsache feststeht, dass in diesem Jahr 1779 nirgendwo eine Krönung, weder die eines Königs oder Kaisers noch die eines Papstes, stattgefunden hat, bleiben nur die Krönungsfeierlichkeiten in Maria Plain, um den Beinamen zu rechtfertigen. Jedenfalls erscheint es unverständlich, warum die Musikforscher von heute die „Krönungsmesse“ unbedingt mit den Krönungsfeierlichkeiten in Zusammenhang bringen wollen, die 1791 in Prag für Leopold II. veranstaltet wurden. Immerhin wird eingeräumt, dass dies auch nach dem plötzlichen Ableben Leopolds bei der Krönung von dessen Nachfolger Franz II. der Fall hätte sein können. Und das nur, weil in der Österreichischen Nationalbibliothek ein mit Doppeladler und Kaiserkrone verzierter Umschlag aufgefunden wurde, der die Stimmenabschrift der Messe enthielt, mit dem Titel „Messe in C, zur Krönungsfeyer Sr.M. Franz I. zum Kaiser von Österreich“ – eine von ungezählten Stimmabschriften, die damals gerade von dieser Messe kursierten…
Ein schöner Brauch ist es allemal, dass alljährlich in Maria Plain die Krönungsmesse aufgeführt wird und damit Mozarts Marienverehrung gedacht wird. Ein Werk, das es wahrlich verdient, unter die großen Messen gezählt zu werden, zügig durchkomponiert mit bezaubernden Partien im Gloria und kühnen Wendungen im Credo, dem Glaubensbekenntnis, das wieder einmal als Höhepunkt herausragt. Gewiss nicht von ungefähr fügt Mozart überraschend in die abschließende Amen-Folge noch einmal das „Credo in unum Deum“ ein, gleich einem Fanal, als wolle er das „Ich glaube an einen einzigen Gott“ für seine eigene Person ausdrücklich bestätigen.
Dabei zeigt sich wieder einmal, wie eng bei Mozart Kirchenmusik und Oper beieinanderliegen, sogar wenn die „Umwidmung“ einer Opera buffa gilt. Denn das Agnus Dei der „Krönungsmesse“ kehrt in Le nozze di Figaro wieder in der Arie der Gräfin „Dove sono i bei momenti“. Wofür andere der Blasphemie gescholten würden – bei Mozart ist es wie so oft die Gleichgestimmtheit von geistlichen und weltlichen Belangen.
(Zitiert aus: Heinz Gärtner „Mozart und der liebe Gott“ Langen Müller Verlag, 1997)
Als Solist*innen wirken mit: Monika Riedler, Katrin Auzinger, Franz Gürtelschmied, Yasushi Hirano.
Sonntag, 9. Jänner 2022: W.A. MOZART: „Große Credomesse“ KV 257 (1776)
Was am 17. November 1776 im Salzburger Dom erklang, war in seiner Art ein einsamer Höhepunkt im kirchenmusikalischen Schaffen Mozarts: die Große Credo-Messe (im Gegensatz zur „kleinen“ KV 192). Sie einzuordnen und in ihrer Einmaligkeit gerecht zu werden, ist seit jeher schwergefallen. Alfred Einstein versucht es in der Gegenüberstellung zu anderen Messkompositionen des Meisters:
„Von dem doppelchörigen Offertorium KV 260 aus dem Frühjahr desselben Jahres ist die erste dieser Messen (KV 257 – Credomesse, 258 – Piccolominimesse und 259 – Orgelsolomesse) durch eine solche Kluft getrennt, dass man, würde man nur diese beiden Werke kennen, an zwei verschiedene Autoren glauben müsste. Nirgends wird unsere Ohnmacht, den Progress und den Prozess der Schöpfung eines großen Meisters zu verfolgen, offenkundiger als in diesem Fall. Zwischen den beiden Kirchenwerken steht auch kein Werk, das als Brücke über diese Kluft dienen könnte.“
Und Einstein weiter: „Es muss zu gleicher Zeit eine Revolution in seinem Inneren – veranlasst durch ein aufwühlendes Erlebnis – gewesen sein, die Mozart veranlasst hat, sich für eine Zeitlang so ausschließlich der Kirchenmusik zuzuwenden…“ Der Anlass allein kann es nicht gewesen sein. Nicht unumstritten, wird KV 257 als jene gedeutet, die Mozart zur Bischofsweihe des Grafen von Spaur, einem langjährigen Bekannten der Familie, komponierte. Der Feierlichkeit des Ereignisses würde in jedem Fall die „große“ Messe entsprechen, bei der Mozart bei der Instrumentalbesetzung erstmals die Mitwirkung von drei Posaunen vorschreibt.
Ansonsten ist die Zuweisung zweitrangig, so unverkennbar ist die Zäsur, die mit KV 257 innerhalb der Messekompositionen Mozarts vorgenommen werden muss. Nie zuvor hat er scheinbar so unbekümmert die Gattungsgrenzen überwunden und die Erfahrungen mit Oper, Konzert und Sinfonie eingebracht, nie zuvor hat er einen derartigen Höhepunkt gesetzt wie das achtzehnmal erklingende „Credo“ inmitten mitreißender Chöre und Soli von überwältigender Ausdruckskraft („Et incarnatus est“). Mit einem unvermittelt leise verklingenden „Dona nobis pacem“, „Schenke uns Frieden“ als Schluss…
Nur vier Töne umfasst dieses „Credo“-Motiv, aber wie werden sie variiert! Ein Glaubensbekenntnis wie kein anderes bietet sich dar, im Wechsel zwischen einem Selbstbewusstsein, das bisweilen Züge eines trotzigen Aufbegehrens zeigt, und überirdisch klangschönen, eben echt Mozartischen Partien.
Das aber war nicht die Kirchenmusik, die der Erzbischof hören wollte, und vielleicht hat er die Zusammenballung der drei Messen (KV 257, 258, 259) geradezu als eine Demonstration der „musikalischen Macht“ Mozarts empfunden. Wie auch immer, angesichts der unbestreitbaren Größe und Schönheit der Messen mutet es doch recht engstirnig an, wenn der Erzbischof sie abwertet und erklärt, „Mozart wüsste nichts und er müsste in Neapel in ein Konservatorium gehen, um die Musik zu erlernen“. Das hatte Vater Leopold jedenfalls in berechtigter Empörung Padre Martini berichtet.
Solche und ähnliche geringschätzige Bemerkungen des Kirchenfürsten muss es in unerfreulichen Begegnungen wiederholt gegeben haben. Sie haben gewiss Mozart in der Überzeugung bestätigt, bei diesem Repräsentanten Gottes kein Verständnis für seine Kirchenmusik zu finden.
(Zitiert aus: Heinz Gärtner „Mozart und der liebe Gott“ Langen Müller Verlag, 1997)
Als Solist*innen hören Sie Elisabeth Wimmer, Martina Steffl, Gernot Heinrich, Markus Volpert.
Sonntag, 16. Jänner 2022: Joseph HAYDN – „Theresienmesse“ (1799)
Die Theresienmesse in B-Dur von Joseph Haydn (Hob.XXII:12), die zu seinen sechs letzten großen Messen gehört, wurde 1799 komponiert und erhielt ihren volkstümlichen Beinamen, weil das Werk der Frau Franz II./I., Marie Therese, gewidmet sein soll. Komponiert hat Haydn die Messe für seinen Dienstherrn Nikolaus II. Fürst Esterházy, für den er alle seine späten Messen schrieb. Die Theresienmesse verfügt über ein hohes Maß an Klangschönheit und ästhetisch-künstlerischer Qualität. Die Uraufführung der Theresienmesse fand am 8. September 1799 in der Bergkirche von Eisenstadt statt. Die Instrumentierung verweist eindeutig auf die Möglichkeiten des örtlichen Orchesters und an die dortigen Aufführungsbedingungen. Auffällig ist die relativ bescheidene Orchestrierung, da die Eisenstädter Hofkapelle immer noch in den Bläsern unterbesetzt war. Sie bestand damals lediglich aus sechs Sängerinnen und Sängern, sowie aus zehn Instrumentalisten, im Unterschied zu 40 Mitgliedern im Jahr 1790. Durch die Verwendung der Klarinetten, die überwiegend als colla-parte-Verstärkung eingesetzt sind, oder im Gloria und im Dona nobis einen trompetenartigen Duktus erhalten, erhält die Theresienmesse einen lyrisch-sanften Klangcharakter. Sie wirkt verhaltener und versöhnlicher als die Nelsonmesse, die im Jahr zuvor entstanden ist. In der Partitur fehlt die Fagottstimme, noch wird ein konkreter Hinweis zu dessen Mitwirkung gegeben. Im Stimmenmaterial der Uraufführung findet sich allerdings eine Fagottstimme, die bis auf wenige Stellen keine Eigenständigkeiten erkennen lässt, sondern zur Verstärkung des Instrumentalbasses zum Einsatz kommt.
Die Messe ist geschrieben für Chor, Soloquartett, Orgel, zwei Klarinetten, zwei Trompeten, Fagott, Streicher und Pauken. Eine Aufführung der Messe dauert ca. 45 Minuten.
Als Solist*innen wirken mit Cornelia Horak, Martina Steffl, Daniel Johannsen, Klemens Sander.
Sonntag, 30. Jänner 2022: Otto NICOLAI – Messe in D-Dur (1832)
Die Messe von Carl Otto Ehrenfried Nicolai (9.6.1810-11.5.1849) entstand im August 1832 während eines Aufenthaltes in Posen, wo Nicolais Vater eine Anstellung am Theater gefunden hatte. Sie kam dort am Gedenktag der Kirchweihe, dem 26. August, im Posener Dom zur ersten Aufführung. Eine angestrebte Aufführung in Berlin noch im selben Jahr kam nicht zustande. 1844 überarbeitete Nicolai in Wien die Messe grundlegend. In der neuen Fassung erklang sie dort erstmals am 27. April 1845 in der Hofburgkapelle unter Leitung von Ignaz Aßmayers, und Nicolai erhielt ein Honorar von 100 Gulden. Am 15. August 1846 dirigierte Nicolai seine Messe im Dom von Raab/Ungarn auf Bitte des dortigen Bischofs. Die Einladung, eine Aufführung am 8. September 1846 in der innerstädtischen Pfarrkirche in Pest selbst zu leiten, musste Nicolai jedoch ausschlagen. Franz von Hilleprandt ermöglichte dem Komponisten eine Aufführung am 13. Juni 1847 im Salzburger Dom; aus Dankbarkeit überließ Nicolai dem Mozarteum danach das komplette Aufführungsmaterial. Ein letztes Mal führte Nicolai seine Messe am Weihnachtstag 1848 in der Hedwigskirche in Berlin auf. Da Nicolai es nicht geschafft hatte, einen Verleger für seine Messe zu interessieren, blieb sie bis ins 20. Jahrhundert ungedruckt. Die Posener Partitur und das Berliner Material mit der Fassung letzter Hand gingen im Zweiten Weltkrieg verloren, sodass heute zumeist die Salzburger Fassung zur Aufführung kommt.
Um die musikalischen Teile der Liturgie zu vervollständigen, komponierte Nicolai als Ergänzung zur Messe noch lateinische Gradualia und Offertoria, beispielsweise 1846 sein Salve Regina op. 39. Die vom Komponisten herrührende Nr.1 suggeriert die Existenz weiterer Messvertonungen Nicolais; dies blieb jedoch sein einziges Werk dieser Gattung. Die einzige erhaltene Messe Nicolais ist einer seiner wichtigsten Beiträge zur Kirchenmusik. Sie zeichnet sich durch ihre abwechslungsreiche Anlage sowie die gute Sanglichkeit aus. Damit bietet sie vielen Chören eine echte Alternative für Messen im Gottesdienst. Die Carus-Urtext-Ausgabe gibt die letztgültige Wiener Fassung dieser heiteren Festmesse wieder.
Orchester: 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 2 Trompeten, 2 Hörner, Pauken, Streicher (Violine I u. II, Bratsche, Cello, Kontrabass)
Die Aufführungsdauer beträgt ca. 30 Minuten.
(Aus Wikipedia)
Als Solist*innen wirken mit: Eva-Maria Schmid, Katrin Auzinger, Franz Gürtelschmied, Yasushi Hirano.