NEWSLETTER September 2017
Liebe Freunde der Kirchenmusik!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Nach der erholsamen Sommerpause starten wir wieder voll Freude am 3. September mit der beliebtesten aller Schubert-Messen, der Messe in G-Dur, in das 2. Halbjahr. Danach folgen zwei Messen von Mozart und am 1. Oktober bereits der erste Höhepunkt der neuen Saison, die Messe in As-Dur von Schubert. Freuen Sie sich auf viele wundervolle Werke aus dem großen Schatz der Kirchenmusik, die wir in diesem 2. Halbjahr 2017 präsentieren werden: die „Paukenmesse“ (8.12.) und die „Nelsonmesse“ (21.1.2018) von Haydn, die Messe in D-Dur von Dvorak (1.11.), und die „Pastoralmesse“ von Diabelli (7.1.2018). Im November folgt der absolute Höhepunkt mit zwei Messen von Anton Bruckner: die Messe in d-Moll wird zum ersten Mal unter Andreas Pixner einstudiert (sie wurde zuletzt am 13. Mai 2004 unter Ortmayer konzertant aufgeführt). Gleich am Sonntag danach präsentieren wir die Messe in f-Moll.
Als Herbstkonzert bringen wir am Mittwoch, dem 18. Oktober um 19 Uhr 30 das Requiem in d-Moll von W.A. Mozart. Dieses beliebte Werk war schon drei Jahre nicht bei uns zu hören (zuletzt am 2.11.2014). Machen Sie auch Ihre Freunde darauf aufmerksam und bestellen Sie ihre Lieblingsplätze bereits jetzt unter Tel. 0677 / 624 302 84 oder unter bestellung(at)chorvereinigung-augustin.com. Nützen Sie die günstigeren Kartenpreise im Vorverkauf!
Mit besten Grüßen!
Hartwig Frankl, Obmann
Sonntag, 3. September 2017: Franz Schubert – Messe in G-Dur, D 167
Franz Schubert (1797-1828) schrieb diese Messe 1815 im Alter von 18 Jahren, im gleichen Alter wie Mozart seine A-Dur-Symphonie KV 201. Sie war für die Pfarrkirche der Wiener Vorstadt Lichtental bestimmt, zu deren Sprengel Schubert gehörte. Es ist die kürzeste und einfachste Messe, die Schubert geschrieben hat und erinnert in manchen Einzelheiten an die F-Dur-Messe von 1814.
Ganz ungewöhnlich in der Textauffassung, aber einfach im formalen Aufbau ist das Credo der Messe: große Teile davon sind im Piano und Pianissimo gehalten, die Musik verzichtet weitgehend auf Interpretation des Textes bzw. die Darstellung von emotionalem Gehalt. Der Satz ist dreiteilig angelegt: nicht nur durch den dynamischen Kontrast pp – f -pp, sondern durch den Wechsel von staccato – legato, durch Gegensätzlichkeit der mehr akkordischen, ruhigen Eckteile zum melodiöseren, bewegteren Innenteil.
Die melodische Schönheit der Komposition kommt aber in der schlichten Besetzung des Orchesters nur mit Streichern und Orgel am besten zur Geltung – siehe das Sopran-Solo im Kyrie, das Solo-Terzett im Benedictus, und als Höhepunkt das aus 44 Takten bestehende Agnus Dei.
Zu erwähnen ist auch, dass Schubert in keiner seiner Messen den Satz „Et unam sanctam catholicam et apostolicam ecclesiam“ aufnahm und im Credo der G-Dur-Messe auch das „Et exspecto resurrec-tionem mortuorum“ unvertont ließ (wodurch sich der unsinnige Satz „Confiteor unum baptisma in remissionem peccatorum mortuorum“ ergibt).
Die Solisten sind Cornelia Horak, Daniel Johannsen und Klemens Sander.
Zum Offertorium singt der Chor die Motette „Lobet den Herren“ von Michael Praetorius, (eigentlich Michael Schultheiß, geb. 15. Februar 1571 in Creuzburg bei Eisenach; gest. 15. Februar 1621 in Wolfenbüttel; deutscher Komponist, Organist, Hofkapellmeister und Gelehrter im Übergang von der Renaissance- zur Barockzeit).
Sonntag, 10. September 2017: W.A. Mozart – „Große Credomesse“ KV 257
Im Jahr 1776, der vermutlichen Entstehungszeit der drei Messen KV257, 258, 259, befand sich Mozart (1756-1791) in einem Zustand depressiver Entscheidungslosigkeit. Erstmals saß er, der Vielgereiste, seit längerem in seiner Heimatstadt Salzburg fest, wo es weder eine Oper noch ein organisiertes öffentliches Musikleben gab. Eine fulminant begonnene Karriere als Komponist und Klaviervirtuose drohte hier zu stagnieren, denn auch ein fürstliches Patronat großen Stils war in Salzburg nicht zu erhoffen. Zwar bekleidete Mozart mit seinen 20 Jahren einen hübschen Posten als erzbischöflicher Konzertmeister, der ihm 150 Gulden jährlich einbrachte. Doch dem seit 1772 regierenden Fürsterzbischof Hieronymus Graf Colloredo, einem hochgebildeten, verwaltungstechnisch äußerst fähigen Vertreter des aufgeklärten Absolutismus, war mehr an der Loyalität und Verfügbarkeit seines Untertanen als an dessen Musiklaufbahn gelegen. Ausgedehnte Reisen wurden drastisch erschwert, der Umgang blieb kühl und spiegelte – anders als später im josephinischen Wien – den Standesunterschied bis zur Sitzordnung an der höfischen Tafel wider.
Im gleichen aufklärerischen Geist verfügte er auch die Beschneidung des pompösen Barockgottesdienstes samt musikalischer Auszierung. „Wenn es auf mich ankäme, so würde ich (…) an dem letzten Decret den Hintern geputzt haben“ kommentierte Mozart einen entsprechenden Kirchenmusik-Erlass von 1780. Doch als Pragmatiker, der er zeitlebens war, reagierte er auch auf den „nackenden Gottesdienst“ pragmatisch, passte differenziert Ausdehnung und Besetzung der Messen dem jeweiligen Festtag an und komponierte als instrumentalen Ersatz für das Graduale kurze Epistelsonaten.
Wie bei den meisten Mozart-Messen fehlen Berichte über zeitgenössische Aufführungen. Es offenbart sich in den drei C-Dur-Messen bei allen persönlichen Merkmalen ein gewisser Formschematismus, mit dem Mozart das Missverhältnis von zeitlicher Gedrängtheit, Textmenge und Besetzung zu bewältigen suchte. Die wenigen Solopassagen dienen der klanglichen Gliederung des Textes und bewirken nur selten eine Ausdrucksintensivierung: etwa bei der theologisch zentralen Aussage des „Et incarnatus est“, das Mozart durch Tempo- und Taktwechsel expressiv abhebt und in KV257 als berückenden Gesang im pastoralen Siciliano-Rhythmus gestaltet.
Ein Wechselgesang zwischen Chor und Soli strukturiert das Agnus Dei und Kyrie, das Mozart in allen drei Messen als Dialog zwischen Chor und Solo organisiert, während sich im Gloria und weiten Teilen des Credo der Zwang zur Kürze durch homophone, fast gehetzte Abhandlung des Ordinariumstextes äußert. Einzig in KV257 kommt Mozart auf den verblüffenden Einfall, ein eigenständiges, rhythmisch prägnantes Credo-Motiv als eine Art „liturgisches Motto“ 18-mal in Originalgestalt und verschiedenen Varianten einzufügen – womit er ein Maximum an Einheitlichkeit und theologischer Aussage erzielt.
Als Solisten hören Sie Aurélie Jarjaye (Sopran), Hermine Haselböck (Alt), Gustavo Quaresma (Tenor) und Yasushi Hirano (Bass).
Zum Offertorium singt der Chor die Motette „Locus iste“ von Anton Bruckner. Das vierstimmige a-capella-Graduale, komponiert 1869, versucht mittels schlichter Anlage und verhaltener Chromatik das „inaestimabile sacramentum“ (unergründliches Geheimnis) musikalisch zu beschreiben.
Sonntag, 17. September 2017: W.A.Mozart – Missa brevis in D-Dur, KV 194
Mozart schrieb diese Messe im Alter von 18 Jahren für die kurzen Ämter des Fürstbischofes Colloredo, der von 1772 bis 1801 in Salzburg regierte. Sie gehört neben den Messen in F und B zu den Werken im Kammermusikstil mit kleiner Instrumentalbegleitung.
Im Sommer 1774 schrieb W. A. Mozart in unmittelbarer zeitlicher Nachbarschaft zwei Messen, die Missa brevis in F, KV 192 und die Missa brevis in D, KV 194. Beiden Kompositionen eigen ist eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Neigung zur kontrapunktischen Schreibweise. Mozart sucht in beiden brevis-Messen die althergebrachten polyphonen Techniken mit einer modernen Tonsprache zu verbinden.
Die Missa brevis in D, KV 194, entstand nur wenige Wochen nach ihrer F-Dur-Schwester. Mozarts autographe Partitur ist auf den 8. August 1774 datiert. Das Werk war für den Salzburger Dom bestimmt. Dem äußeren Rahmen einer Missa brevis entspricht Mozart durch eine sparsame Besetzung mit vier Singstimmen (SATB), chorisch und solistisch, zwei Violinen, Bass und Orgel sowie den drei in Salzburg üblichen colla-parte-Posaunen zur Verstärkung der Chorunterstimmen.
Stilistisch nimmt der Kontrapunkt insgesamt einen geringen Raum ein. Schon im Kyrie scheint sein Anteil zurückgedrängt. Nur noch der Anfang des Kyrie II präsentiert sich im Gewand einer regelrechten Fugen-Exposition, das Christe eleison hingegen wirkt trotz fugaler Anlage eher wie ein episodenhaftes kontrapunktisches Motivspiel, die ihrerseits bereits als Resultat einer intensiven Auseinandersetzung mit polyphonen Techniken anzusehen ist. Das Orchester begleitet weitgehend an den Singstimmen orientiert, tritt aber gerade in den themenverarbeitenden Partien mit kurzen eigenständigen Motiven hervor, das Fugato des Kyrie II begleitet es sogar mit einer obligaten Bassfiguration.
Gloria und Credo sind vorwiegend homophon konzipiert. Im Gloria kommt es lediglich bei Domine Deus Agnus Dei und im abschließenden Amen zu imitatorischen Stimmenverflechtungen, ein Schlussfugato fehlt. Im Credo bleibt der Kontrapunkt auf die Stellen Et resurrexit, in remissionem peccatorum und auf das Amen beschränkt. Ansonsten lockert sich der akkordische Satz nur selten. Auf unter-schiedliche Weise löst Mozart das Problem der musikalischen Zusammenfassung der einzelnen Glaubenssätze. Anstelle von Credo-Rufen (die Priesterintonation “Credo in unum Deum“ bleibt bei dieser Messe unvertont) greift er das Eröffnungsmotiv der Violinen an verschiedenen Stellen des Satzes wieder auf, wodurch er eine vereinheitlichende Struktur erhält. Darüber hinaus verklammert er das Ende des ersten Credo-Teils mit dem Schluss des dritten, indem er die Thematik des descendit de coelis zum letzten Amen wiederkehren lässt. Desgleichen schlägt er durch die Wiederaufnahme des Et resurrexit-Themas im Amen-Fugato einen großen Bogen innerhalb des dritten Credo-Abschnitts. Überhaupt erweist sich das Et vitam mit dem Rückgriff auf die wichtigsten formkonstitutiven Elemente (Credo-Beginn, et resurrexit-Fugato und descendit-Passage) gleichsam als Resümee des ganzen Satzes. Ähnliche Bestrebungen zu formaler Abrundung zeigen auch Kyrie und Gloria mit ihrer reprisenartigen Wiederholung des jeweiligen Anfangsgedankens.
Im Sanctus beansprucht die Polyphonie in beiden Sätzen einen in etwa gleichen Anteil, ja im Benedictus scheinen imitierende Stimmeneinsätze in letzterer sogar zu überwiegen. Zu Beginn des Sanctus kleidet Mozart den fugierten Chorsatz in eine eigenständige Umspielung des Orchesters, welche sich durch ihre unaufdringliche Art ausnimmt und als organische Ergänzung des Vokalparts erweist. Die Thematik der kleinen Hosanna-Fuge ist von beschwingter Leichtigkeit.
Das Agnus Dei der D-Dur-Messe steht in der parallelen Molltonart und zeichnet sich durch eine expressive, spannungsreiche Diktion aus. Das Dona nobis bildet einen gefällig-heiteren Beschluss der gesamten Messe, als Sonatensatz mit zwei Themen, veritabler Durchführung und Reprise auch formal auf der Höhe seiner Zeit.
Insgesamt ist die kompositorische Struktur in KV 194 weniger verdichtet, die gefälligere Tonsprache ergreift mehr Raum. Nicht zuletzt darin scheint auch die große Beliebtheit dieses Werkes begründet und die Tatsache, dass gerade es 1793 als erste aller Mozartschen Messen im Druck erschien.
Text: Jochen Reutter, Mannheim, Oktober 1990
Solisten: Ingrid Haselberger (Sopran), Martina Steffl (Alt), Gustavo Quaresma (Tenor) und Markus Volpert (Bass).
Zum Offertorium hören Sie die 5-stimmige Choralfuge “Ehre und Preis sei Gott, dem Herren” aus der Kantate “Magnificat” von Johann Sebastian Bach (1685-1750).
Sonntag, 1. Oktober 2017: Franz Schubert – Große Messe in As-Dur
Die Messe As-dur ist eine Missa Solemnis und die fünfte der insgesamt sechs Kompositionen, in denen Franz Schubert (1796-1828) das Ordinarium vertont hat. Die Besetzung besteht aus einer Flöte, je zwei Oboen, Klarinetten, Fagotten, Hörnern und Trompeten, drei Posaunen, Pauken, Streichern und Orgel sowie vier Vokalsolisten und Chor. Der Umgang mit den Blasinstrumenten unterscheidet sich deutlich von den früheren Werken, und das vor allem bei dem völlig idiomatischen Einsatz der Holzbläser.
Im Kyrie beantworten die Tenöre und Bässe die beiden Oberstimmen. Das Christe eleison wird vom Solosopran eröffnet, dem die andern Solisten folgen. Das zweite Kyrie ist subtil verändert, und das Christe eleison ist gebührend transponiert.
Das Gloria mit der Vortragsanweisung Allegro maestoso e vivace steht in einem kraftvollen E-dur und moduliert nach A-dur, um das Andantino des Gratias agimus tibi vorzubereiten, das die ersten und zweiten Violinen noch vor den Solisten intonieren. Beim Dominus Deus, Rex cælestis moduliert die Musik nach a-moll und in weitere Tonarten, bevor sie wieder nach A-Dur gelangt. Die anschließende Passage entwickelt sich bei den Worten Domine Deus, Agnus Dei zu einer Fuge in cis-Moll, und der Text des Cum Sancto Spiritu wird entsprechend der Tradition vollständig fugiert (diesem Satz hat Schubert 1826 unter Verwendung eines verbesserten Themas die hier vorliegende Gestalt gegeben).
Das Credo beginnt mit einem C-Dur-Akkord der Hörner und Posaunen, der von Oboen, Klarinetten und Trompeten beantwortet wird. Auf die Wiederholung des nämlichen Akkords folgt das im Chor achtstimmige Et incarnatus est in As-Dur, das in kühner Harmonik durch die Tonarten hindurch mo-duliert wird. Erneut erklingen die beiden Akkorde, wenn sie das Et resurrexit in C-Dur markieren sol-len, und noch einmal treten sie vor dem Confiteor in unum baptisma in Erscheinung.
Das Sanctus in F-Dur ist bereits Welten von Joseph Haydns Messen entfernt, die Schubert als Chorsänger kennengelernt haben dürfte. Es stellt, ähnlich dem Sanctus der späteren Es-Dur-Messe, die ausführlichste Thematisierung des „mysterium tremendum et fascinosum“ dar: das Heilige als „schreckliches“, ehrfurchtgebietendes Geheimnis! Darauf folgt ein Hosanna in excelsis, das nach einer turbulenten Jagd klingt.
In das nun wieder in As-Dur stehende Benedictus teilen sich Sopran, Alt, Tenor und Chor, die von einer eilenden Achtelbewegung (zunächst in den gezupften Celli) begleitet werden. Am Ende des Satzes wird das Hosanna wiederholt.
Die Solisten eröffnen das Agnus Dei in F-Dur, worauf der Chor mit seinem gemurmelten miserere nobis ein beinahe schon „Verdisches“ Element präsentiert. Das Dona nobis pacem kehrt zur Ausgangstonart As-Dur zurück und bringt die Messe zu einem gehaltvollen Abschluss.