Zum ersten Mal singt die Chorvereinigung am Ostersonntag im Hochamt zum höchsten Feiertag der Kirche. Bisher waren die Hochämter zu Ostern und zu Weihnachten unserem Partnerchor, dem Consortium Musicum Wien, der ja schon wesentlich länger in der Jesuitenkirche wirkt als wir, vorbehalten. Es kann sein, dass hinkünftig die beiden Chöre an diesen beiden Feiertagen abwechselnd „Dienst tun“. Das wird im Wesentlichen davon abhängen, welche musikalische Gestaltung das Kirchenrektorat in Zukunft auch für die Osternacht und für die Christmette haben möchte. Für dieses Mal haben wir jedenfalls Mozarts „Piccolominimesse“ für den Sonntag gewählt, passenderweise eine Missa Solemnis für den höchst feierlichen Anlass, eigentlich aber eine Missa Brevis (s.u.), was ihren Umfang betrifft.
Nach dem Weißen Sonntag, an dem wir Schuberts B-Dur-Messe singen, setzen wir für einen Sonntag aus, an dem das Consortium Mozarts Credomesse KV 257 singen wird. Wir setzen dann am 30. April mit KV 167, Mozarts „Trinitatismesse“ fort. Wieder so eine „Missa in C“, mögen manche denken. Wir hatten sie bisher nicht im Repertoire, was ziemlich erstaunlich ist. Denn die Trinitatismesse ist ein wunderbares Stück Musik, und nicht so ganz einfach zu singen – zumindest nicht prima vista. Da gibt es mehrere Stellen, die recht tricky sind, „Fallen“, in die auch routinierte Chorsänger:innen beim ersten Durchsingen zum Kennenlernen verlässlich hineintapsen. Was aber am Ende herauskommt, ist bester salzburgerischer Mozart, den wir sicherlich im Repertoire behalten wollen.
Martin Filzmaier, Obmann
Ostersonntag, 9. April 2023, 10:30 Uhr
W. A. MOZART – „Piccolominimesse“ KV 258 (1776)
Im Dienste des Fürsterzbischofs von Salzburg komponierte Mozart in den Jahren 1768 bis 1780 insgesamt 15 vollständige Messen.
Zu besonderen Anlässen pflegte man damals eine „Missa solemnis“ aufzuführen, für die gewöhnlichen Sonntage gab es die „Missa brevis“. Der Unterschied zwischen beiden Arten lag allerdings nicht nur in der Instrumentalbesetzung und der zeitlichen Ausdehnung der Werke, sondern er zeigte sich auch in der musikalischen Formgebung. Für die im Dienste des 1772 an die Regierung gekommenen Fürstbischofs Hieronymus Colloredo stehenden Komponisten kam noch hinzu, dass ihr Dienstgeber beim Hochamt keine langen Musiken wünschte. In einem Brief aus dem Jahre 1776 an den verehrten Freund Padre Martini beklagt sich denn auch der 20-jährige Mozart über die Beschränkung, die die Salzburger Kirchenmusik durch den Fürsterzbischof erfuhr: „…unsere Kirchenmusik ist ganz anders als die Italiens, umso mehr als eine Messe mit Kyrie, Gloria, Credo, der Epistelsonate, dem Offertorium oder der Motette, dem Sanctus und Agnus Dei, und sei es auch die feierlichste, wenn der Fürst selbst zelebriert, nicht mehr als höchstens drei Viertelstunden dauern darf. Es ist ein besonderes Studium für diese Kompositionsart erforderlich, da es doch eine Messe mit allen Instrumenten wie Militärtrompeten, Pauken etc. sein muss.“
Die Frucht dieses „besonderen Studiums“ Mozarts waren immerhin zehn Messkompositionen, von denen nur eine, die „Missa longa“ KV 262, den vom Fürsterzbischof gesteckten Rahmen sprengte. Sieben dieser Werke trugen ursprünglich den schlichten Titel „Missa in C“, und sicher hat diese einheitliche Benennung dazu beigetragen, dass die Kirchenmusiker, um die vielen C-Messen Mozarts in der Praxis besser auseinanderzuhalten zu können, ihnen Namen gaben, die aus den besonderen Merkmalen der Werke abgeleitet waren. So finden wir auch sehr bald Bezeichnungen wie „Credomesse“, „Piccolominimesse“, Orgelsolomesse“, „Krönungsmesse“, „Spatzenmesse“ und „Missa aulica“.
Mozart hat die Messe KV 258 vermutlich 1776 in Salzburg komponiert.
Die knappe Form – die Messe ist nach der Missa brevis KV 61a die kürzeste Messe Mozarts – rechtfertigt den Namen „Piccolominimesse“ (Missa piccola). Von der Orchesterbesetzung her müsste man sie allerdings zu den „solennen“ Messern zählen. Herb, zurückhaltend ist die Tonsprache, kontrapunktische Kleinarbeit herrscht vor, auffallend ist der breit angelegte kirchentonale Schluss des Agnus Dei. Bewundernswert ist, mit welcher Selbstverständlichkeit dem erst 20-jährigen Mozart die Vertonung der umfangreichen Texte (Gloria, Credo) auch bei knappster Formgebung gelingt.
Text: Friedrich Wolf im Booklet zu unserer CD.
Zum Schluss singt der Chor das „Halleluja“ von G. F. Händel.
Als Solisten wirken mit: Ursula Langmayr, Mari Nakayama, Gernot Heinrich und Felix Pacher.
Sonntag, 16. April 2023, 10:30 Uhr
Franz SCHUBERT – Messe in B-Dur, D 324 (1815)
Im Leben Franz Schuberts war 1815 eines der schaffensreichsten Jahre. Zwei Symphonien, 144 Lieder, vier Singspiele, Kammermusik, mehrere kleinere Kirchenwerke und zwei lateinische Messen waren in kürzester Zeit entstanden. Die Partitur der „Messe in G“ gibt uns Auskunft über die Schnelligkeit, mit der der 18-jährige „Lichtentaler Schulgehilfe“ komponierte. In nur sechs Tagen war ein Meisterwerk liturgischer Musik entstanden. Ende dieses Jahres (das Kyrie trägt den Vermerk „den 11. November 1815“) komponierte Schubert seine dritte lateinische Messe, die „Messe in B“. Vom Umfang und von der Instrumentierung her größer und festlicher als die G-Dur-Messe angelegt (zu den Streichern kommen zwei Oboen, zwei Fagotte, zwei Trompeten und Pauken), soll sie der Anlass, der zum Bruch zwischen Schubert und seinem alten Lehrer aus der Zeit der Hofkapelle – Antonio Salieri – geführt hat, gewesen sein. Der junge Komponist fühlte sich durch verschiedene „Verbesserungen“, die Salieri in der Messe vorgenommen hatte, einfach bevormundet.
In ihrer gesamten Anlage entfernt sich die Messe merklich von den klassischen Vorbildern. Das lyrische Moment tritt stärker als in den vorangegangenen Messen hervor. Zwar bilden Kyrie (Adagio con moto) und Gloria (Allegro moderato) das klassische Satzpaar im Stil der „Sonata chiesa“, doch kommt den Mittelsätzen im Gloria („Domine Deus“) und Credo („Et incarnatus est“) besonderes formbildendes Gewicht zu.
Äußerst knapp bemessen (nur 17 Takte) ist das Sanctus (Adagio maestoso). Die Terzengänge des Hosanna unterstreichen den volkstümlichen Charakter. Benedictus (Andante con moto) und Agnus Dei (Andante molto / Allegro moderato) sind Sätze von großer musikalischer Schönheit und lassen am ehesten die kommenden großen Messkompositionen erahnen.
Text: Friedrich Wolf (aus dem CD-Booklet)
Zum Offertorium singt der Chor die Motette „Gelobt sei Gott im höchsten Thron“ von Melchior Vulpius.
Als Solisten hören Sie Cornelia Horak, Eva Maria Riedl, Hiroshi Amako und Yasushi Hirano.
Sonntag, 30. April 2023, 10:30 Uhr
W. A. MOZART – Missa in C-Dur „Trinitatismesse“ KV 167 (1773)
Die Missa in honorem Sanctissimae Trinitatis KV 167 des 17-jährigen Wolfgang Amadeus Mozart war nach autographer Datierung für den Dreifaltigkeitssonntag im Juni 1773 bestimmt. Die mit vier Trompeten besetzte C-Dur-Messe ist trotz ihres festlichen Charakters relativ kurz gehalten und verzichtet als einzige Messe Mozarts auf den Sologesang. Diese den Aufführungsbedingungen geschuldete Ökonomie der Besetzung führte mit Ausnahme der traditionell fugierten Abschnitte („Cum sancto spiritu“, „Et vitam“ und „Dona nobis“) zu einer rein sinfonisch gestalteten Messe. Wie in der Sinfonie stehen den schnellen Ecksätzen typische langsame Sätze wie das menuett-artige „Et in spiritum“, das Benedictus-Andante und das auffällig liebliche Adagio Agnus Dei gegenüber, die für die fehlenden Ariosi entschädigen. Die ganze musikalische Substanz findet sich im Orchestersatz, in den der Chorpart akkordisch eingebettet wird. Kyrie und Benedictus sowie die größeren Sektionen von Gloria und Credo, orientieren sich an Exposition, Durchführung und Reprise der Sonaten-Hauptsatzform. Dabei nutzt Mozart durchführungsartige Abschnitte, um die inhaltlich hervorgehobenen Partien des Messtextes („Christe“, „Qui tollis“, „Et incarnatus est“ und „Crucifixus“) durch eigene Motivik, langsames Tempo oder Modulation in eine parallele Molltonart zu vertiefen. Im Unterschied zu seinen früheren Messen werden sie jedoch nicht dramatisch ausgeführt. Ferner werden die einzelnen Abschnitte der textreichen Sätze durch gleichbleibendes thematisches Material und eine Reprise des Satzbeginns vor der Schlussfuge zusammengehalten. Im Gloria begleitet das ostinate Trillermotiv sogar die Schlussfuge „Cum sancto spiritu“. Die Einheitlichkeit des thematischen Materials erstreckt sich auf den gesamten Zyklus: Ein diatonisch aufsteigendes Motiv kennzeichnet die Hauptthemen der ersten drei Sätze sowie das „Hosanna“-Thema im Sanctus. In der Coda der „Dona nobis“-Fuge erklingt die Umkehrung dieses „Mottos“ mit den gleichen Begleitmotiven wie im Kyrie, um Anfang und Ende der Messe miteinander zu verbinden. Die ganze Messe besticht somit durch ihre formale Einheit, die Stringenz ihrer sinfonischen Struktur und die Sparsamkeit ihrer Mittel, wenn sie auch gegenüber Mozarts früheren, kontrastreichen und dramatisch geprägten Missae solemnes KV 66 und KV 139 zurückhaltend im Ausdruck erscheint. Mozarts Trinitatismesse, eine seiner ersten Salzburger Messen nach dem Amtsantritt des Erzbischofs Hieronymus Graf Colloredo, ist als ein Experiment sinfonischer Messvertonung zu sehen, mit dem der Komponist möglicherweise auf die aufklärerischen Vorstellungen seines neuen Dienstherrn reagierte, der eine vereinfachte und weniger pompöse Kirchenmusik wünschte.
Text: Christine Martin aus dem Vorwort zur Partitur.
Zum Offertorium singt der Chor die Motette „Dank sei dem Herrn“ von Heinrich Schütz.