Die Chorvereinigung beendet die Saison zu Fronleichnam und dem 10. Sonntag im Jahreskreis mit Haydn und Mozart, umrahmt allerdings mit großen Werken von Puccini und Beethoven. Zum Dreifaltigkeitssonntag, 4. Juni, wird – nein, nicht die Trinitatismesse; die hatten wir schon – Puccinis „Messa di Gloria“ aufgeführt, erstmals wieder seit 4 Jahren. Hätte man dieses Werk zu seiner Entstehungszeit 1880 in Österreich liturgisch einsetzen wollen: die Musiker wären mit nassen Fetzen davongejagt worden. Das Werk ist mehr Oper als Messe und wäre nach damaligem wienerisch-katholischem Verständnis als pietätlos und als Affront aufgefasst worden. Die sehr italienisch schmachtende Innigkeit inklusive Belcanto, das opernhafte Drama, hätten in der heimischen Kirche damals keinen Platz finden können. Heute aber ist vieles möglich, und so darf der brave Kirchenchor auch einmal Opernchor spielen und die Schmalztöpfe hervorholen. Das klingt despektierlich? War keine Absicht, denn Puccinis Messe, die eigentlich als Anhängsel an ein zuvor als Auftragswerk komponiertes „Gloria“ entstand, ist großartige, wunderbare Musik. – So wunderbar, dass sie nach der Uraufführung gleich einmal jahrzehntelang im Archiv verstaubte und erst Mitte des vorigen Jahrhunderts bei den Amerikanern wieder hervorgeholt wurde (wie unten im Kommentar nachgelesen werden kann).
Ein schärferer Kontrast zum gleich danach, am Fronleichnamstag, gesungenen Werk, Haydns Kleiner Orgelsolomesse, ist kaum denkbar: während Puccinis „Gloria“ sich über mehr als 20 Minuten erstreckt, kommt Haydn komprimierte Version dieses Satzes mit etwa 50 Sekunden aus!
Vor mehr als 3 Jahren schließlich haben wir Beethovens Missa in C zum letzten Mal gesungen. Sie wird allgemein als die „bessere“ der beiden Beethoven-Messen gesehen: zwar fehlt ihr der Überwältigungsfaktor der großen Missa Solemnis, aber dafür ist sie auch liturgisch einsetzbar, nicht (nur) im Konzertsaal. Auch diese Messe ist ein Pandemie-Opfer. Zusammen mit der Puccini-Messe leitet sie die endgültige Rückkehr zu unserer Normalität der „großen Messen“ ein, die wir im Herbst fortsetzen wollen. Sogar eine Chorreise nach Litauen wird es Ende Oktober geben. Auf „Tournee“ war die Chorvereinigung St. Augustin zuletzt vor 14 Jahren. – Dazu aber mehr im Newsletter Oktober.
Wie schon im Vorjahr werden wir unmittelbar nach der letzten Messe am 25. Juni wieder eine Art Agape im „Campus Akademie“, also im früheren Jesuitengarten, veranstalten und damit eine Gelegenheit zur Begegnung für alle schaffen, die die Messe mitgefeiert haben: die Jesuiten, Instrumentalistinnen und Instrumentalisten, Solistinnen und Solisten, Chor, und selbstverständlich alle anderen Kirchenbesucher. – Dazu schon jetzt meine herzliche Einladung!
Martin Filzmaier, Obmann
Sonntag, 4. Juni 2023: Giacomo PUCCINI (1858-1924) „Messa di Gloria“ (1880)
Puccinis As-Dur-Messe wird auch „Gloria-Messe“ genannt, denn der zweite Abschnitt des Ordinariums wurde vom jungen Spross einer Kirchenmusiker-Dynastie aus San Lucca, einer verschlafenen Provinzstadt in der Toscana, mit besonderer Akribie bedacht und führte zur nicht originalen Bezeichnung „Messa di Gloria“.
Als 20-Jähriger erhielt er den Auftrag, für den alljährlichen Gottesdienst zu Ehren des Schutzpatrons der Stadt eine Motette und ein Gloria zu komponieren. Der öffentliche Erfolg des Werkes ermunterte ihn, die Komposition zwei Jahre später, vor Abschluss des Studiums, zu einer vollständigen Messe in As-Dur umzuarbeiten. Die Motette wurde zum Kyrie, das Gloria durch die Sätze Credo, Sanctus und Agnus ergänzt, und am 12. Juli 1880 wurde die „Messa a 4 voci con orchestra“ in Lucca uraufgeführt. Es ist sein umfangreichstes Werk außerhalb seiner Opern.
1883 verließ Puccini Lucca und studierte in Mailand, um Opernkomponist zu werden. Nach 10 Jahre langer Erfolglosigkeit als Opernkomponist, bearbeitete er das Werk nochmals, legte es aber beiseite, als mit der Oper „Manon Lescaut“ der Welterfolg kam.
Die für großes Ensemble (mit 3 Posaunen und Tuba) orchestrierte Partitur scheint jahrzehntelang nicht mehr aufgeführt worden zu sein. Nach dem 2. Weltkrieg stieß der Puccini-Biograph Fra Dante Del Fiorentino, der Puccini noch persönlich kennengelernt hatte, auf das Werk. Zu einer ersten Wiederaufführung kam es am 12. Juli 1952 in Chicago.
Wie Verdis Requiem ist auch diese „Messa“ ein Abbild des durchaus theatralischen, im Musikalischen also notwendigerweise opernhaften italienischen Katholizismus. Also hören wir nebst Arien und mancher Anleihe am sakralen „Stile antico“ gewaltig getürmte Chor-Tableaus inklusive Stretta: Am Ende des „Cum sancto spiritu“ sieht man quasi den Vorhang über einem Aktschluss fallen.
Der Dirigent ist gefordert, die Aufführung mit entsprechendem dramaturgischem Raffinement zu inszenieren. Bei aller großen Geste besteht Verpflichtung zur Akribie und Atem für die gesungenen Melodie: der Chor hat Gelegenheit zu weit gespannten Kantilenen, während der Tenor in den beiden Soli Gelegenheit zu opernhaftem Pathos hat. Der mächtige Basssolist präsentiert das „Crucifixus etiam“ als Adagio in g-Moll im Credo und singt die Erlösungsbitten im knappen Agnus Dei. Puccinis Werk verklingt nach Grand-Opéra-Wogen in sanftem Diminuendo: wie ein Abschied aus dem Dom durch die Hintertür.
Solisten sind: Gustavo Quaresma und Klemens Sander.
Donnerstag, 8. Juni 2023: Fronleichnam
Joseph HAYDN – „Kleine Orgelsolomesse“ (1775)
Die Missa brevis Sancti Joannis de Deo in B-Dur (Hob. XXII:7) ist die 7. Messkomposition Joseph Haydns. Sie wird im Volksmund allgemein als „Kleine Orgelsolomesse“ bezeichnet. Ihr Beiname rührt daher, dass die insgesamt sehr kurz gehaltene Missa brevis im Benedictus ein ausgedehntes Orgel- und dann Sopran-Solo besitzt. Die Messe wurde um 1775 für den Orden der Barmherzigen Brüder in Eisenstadt komponiert und heißt nach dessen Gründer, dem hl. Johannes von Gott. Die Barmherzigenkirche Hl. Antonius von Padua in Eisenstadt hat einen kleinen Chor, sodass die Sänger- und Musikeranzahl gering war. Die heute mit „Haydnorgel“ benannte Orgel aus 1732 von Johann Franz Frey aus Wiener Neustadt hatte nur ein Orgelpositiv ohne Pedal, weshalb der Orgelpart keine Pedalverwendung verlangt. Die Messe ist für Sopransolo, vierstimmigen Chor und das Wiener Kirchentrio geschrieben. Diese Besetzung umfasst zusätzlich zur Orgel lediglich zwei Violinen und Bass (Cello oder Kontrabass). Die Messe ist sehr schlicht und kurz gehalten. Im Gloria und im Credo ist der Text auf mehrere Stimmen verteilt, sodass verschiedene Zeilen gleichzeitig erklingen. Dadurch wird zwar der gesamte liturgisch vorgeschriebene Text vorgetragen, ist jedoch für den Hörer nicht verständlich. Eine Aufführung der Messe dauert ca. 15 Minuten. Zur Förderung einer besseren Verständlichkeit hat Haydns Bruder Michael eine Langfassung des Glorias geschrieben. Wegen der Einfachheit der musikalischen Mittel bei gleichzeitiger hoher melodischer Ausdruckskraft gehört die Kleine Orgelsolomesse zu den meistaufgeführten Kirchenwerken Haydns. (Wikipedia)
Das Sopransolo im Benedictus singt Cornelia Horak.
Zum Offertorium singt der Chor „Ave verum“ von Mozart.
Die Motette „Ave verum corpus“ für das Offertorium zu Fronleichnam entstand 1791 für den befreundeten Badener Regens Chori Anton Stoll, der Mozarts Kirchenwerke öfter aufgeführt hatte. Mozart besuchte im Sommer 1791 seine zur Kur in Baden weilende Gattin Konstanze. Das kleine Werk ist von einem schlichten und innigen Ausdruck, wie er in dieser Art nur selten in Mozarts Musik begegnet.
Sonntag, 11. Juni 2023: W.A. MOZART – „Große Credomesse“ (1776)
Die Große Credo-Messe, datiert auf November 1776, erklang zur Bischofsweihe des Grafen von Spaur im Salzburger Dom. Dem Umfang nach steht sie zwischen Missa brevis und Missa longa. Auch formal gesehen ist sie eine Mischung aus beiden Gattungen. Mozart verzichtet gänzlich auf Fugenkomposition. Andererseits ist das Credo in einem großen sinfonischen Satz angelegt. Der mit dem Stil eines Opera-buffa-Finales vergleichbare Schlussteil stellt ebenso wie die stringente Verbindung einzelner Sätze eine Neuerung dar.
Die Bezeichnung „Credomesse“ bezieht sich auf den ausgedehnten Credosatz, der den inneren Höhepunkt, der Menschwerdung und Kreuzigung Christi, darstellt. Immer wieder wird der Ruf „credo, credo“ als etwas sehr Zentrales in unserem christlichen Glauben in den Mittelpunkt gestellt.
Mozart greift hier, wie in seiner früheren „Kleinen Credomesse“ KV 192, eine kirchenmusikalische Praxis auf, die seit Beginn des 18. Jahrhunderts in Süddeutschland und Österreich nachgewiesen ist. Die mehrfache Wiederholung der Anfangsworte des „Credo“ setzte voraus, dass die Vertonung der Intonation „Credo in unum Deum“ liturgisch überhaupt toleriert wurde. Konnte man die sonst vom Zelebranten allein vorgetragene Intonation in die mehrstimmige Komposition einbeziehen, so war es nur ein kleiner und syntaktisch logischer Schritt, das „Credo“ vor den einzelnen Glaubensartikeln zu wiederholen und damit das Glaubenszeugnis zu bekräftigen.
(Text aus dem Internet, Quelle unbekannt)
Als Solisten wirken mit: Monika Riedler, Martina Steffl, Gernot Heinrich und Felix Pacher.
Zum Offertorium singt der Chor die Motette „Lobet den Herren“ von Michael Praetorius, (eigentlich Michael Schultheiß, geb.
Sonntag, 26. Juni 2023: Ludwig van BEETHOVEN: Messe in C, op. 86 (1807)
Das Namensfest der Fürstin Maria Hermenegild von Esterházy wurde alljährlich mit einem sehr festlich gestalteten Gottesdienst gefeiert. Sechs große Messen hat Joseph Haydn in den Jahren 1796 bis 1802 aus diesem Anlass geschrieben. Nach der „Pensionierung“ Haydns wurden andere Komponisten beauftragt, für diesen Anlass eine Festmesse zu komponieren. 1807 ging dieser Kompositionsauftrag – vielleicht auf Vorschlag Haydns – an Ludwig van Beethoven.
Die Komposition der Messe in C-Dur bereitete Beethoven mehr Mühe als er ursprünglich ange-nommen hatte, und Ende Juli 1807 beantwortete er die Anfrage des Fürsten nach dem Verbleib der Partitur mit Entschuldigungen wegen Arbeitsüberlastung und angegriffener Gesundheit. Er versprach, die Messe bis 20. August zu liefern, fügte aber hinzu: „…dass ich Ihnen mit viel Furcht die Messe übergeben werde, da Sie Durchlauchtigster Fürst gewohnt sind, die unnachahmlichen Meis-terstücke des großen Heidens (Joseph Haydn) vortragen zu lassen…“.
Die Uraufführung der Messe am 13. September 1807 in Eisenstadt (1807 komponierte Beethoven auch die 5. Symphonie!) stand unter keinem guten Stern. Mittelmäßige und probenscheue Musi-ker und Sänger, die mit diesem Werk überfordert waren (unter der Leitung von Haydns Nachfolger Johann Nepomuk Hummel) und schlechte akustische Verhältnisse sowie schlechte Sichtmöglichkei-ten auf die Kirchenempore brachten eine unrühmliche Aufführung.
Die Kritik des Fürsten nach der Uraufführung „…aber, lieber Beethoven, was haben Sie denn da wieder gemacht?“ und seine Rechthaberei als Mäzen „…die Messe ist unsagbar lächerlich und ab-scheulich…“ führten zum Bruch; Beethoven widmete das Werk, von dem er künstlerisch überzeugt war – „…von meiner Messe glaube ich, dass ich den Text behandelt habe, wie er noch wenig behan-delt wurde…“ – später seinem Gönner Ferdinand von Kinsky.
(Text: Prof. Friedrich Wolf, aus dem Booklet zur CD)
Als Solisten hören Sie: Cornelia Horak, Eva Maria Riedl, Daniel Johannsen und Felix Pacher.
Zum Offertorium singt der Chor die Motette „Os justi“ (1879) von Anton Bruckner. Mit dem Gradu-ale, das dem 37. Psalm entnommen ist, kam Bruckner den cäcilianischen Bestrebungen am ehesten entgegen. Bruckner lieferte damit eine Chormotette im strengen, kirchentonartlich gebundenen Satz, der sich allein auf die 7 Töne der lydischen Tonleiter beschränkt. Bot der Text an sich wenig Gelegenheit für eine differenzierte Wortinterpretation, so werden doch die Schlussworte „…et non supplantabuntur gressus ejus“ (…und seine Schritte werden nicht straucheln) konkreter ausgedeu-tet. Der Sopran singt eine gregorianische Melodie, während die übrigen fünf Stimmen mit den klanglich unveränderten F-Dur-Akkorden das „sichere, ungehinderte Einherschreiten“ versinnbildlichen.
(Text: Prof. Friedrich Wolf, aus dem Booklet zur CD)
Als Solisten hören Sie: Cornelia Horak, Eva Maria Riedl, Daniel Johannsen und Felix Pacher.
Zum Offertorium singt der Chor die Motette „Os justi“ (1879) von Anton Bruckner. Mit dem Graduale, das dem 37. Psalm entnommen ist, kam Bruckner den cäcilianischen Bestrebungen am ehesten entgegen. Bruckner lieferte damit eine Chormotette im strengen, kirchentonartlich gebundenen Satz, der sich allein auf die 7 Töne der lydischen Tonleiter beschränkt. Bot der Text an sich wenig Gelegenheit für eine differenzierte Wortinterpretation, so werden doch die Schlussworte „…et non supplantabuntur gressus ejus“ (…und seine Schritte werden nicht straucheln) konkreter ausgedeutet. Der Sopran singt eine gregorianische Melodie, während die übrigen fünf Stimmen mit den klanglich unveränderten F-Dur-Akkorden das „sichere, ungehinderte Einherschreiten“ versinnbildlichen.